Qualitätsführerschaft durch Wissen

Interview mit CEO/COO Priv.-Doz. Dr. Helmut Kaufmann

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Bild: Priv.-Doz. Dr. Helmut Kaufmann, Vorsitzender des Vorstandes

AluReport: Seit mehr als 16 Jahren predigen Sie über die Bedeutung wissensbasierten Handelns in der AMAG und werden offenbar nicht müde, das weiter zu tun. Warum?

HK: Wenn Sie sich unsere strategische Positionierung ansehen und das, was wir dazu veröffentlichen, wird das sehr rasch klar: Wir positionieren die AMAG als nachhaltigen, profitablen Premiumanbieter von Walzprodukten, Gusslegierungen und einbaufertigen Komponenten jeweils für ausgewählte Produktmärkte, wo immer möglich mit einem sehr hohen Anteil an Sekundäraluminium, ergänzt durch nachhaltig produziertes Primäraluminium aus der Elektrolyse Alouette in Kanada. Wir stehen für hohe Innovationskraft und damit für reaktionsschnelle und flexible Abdeckung von Kundenbedürfnissen, sowohl neuen als auch zukünftigen. Wir stehen für Qualität und für eine sehr große Vielfalt im Produktportfolio und wir stehen nicht zuletzt für Stabilität und Verlässlichkeit. All das kann nur erfüllt werden, wenn wissensbasiert gehandelt wird. Für den Aufbau dieses Wissens und die Umsetzung im täglichen Geschäftsleben setzen wir viel Geld und persönliche Ressourcen ein, aber es wird von unseren Kunden honoriert.

AluReport: Weshalb glauben Sie, dass der Markt das braucht? Könnte es nicht vielleicht auch ein bisschen weniger sein, dafür ein bisschen billiger?

HK: Könnte es auch ein bisschen mehr sein und dafür ein bisschen teurer? Gerade erst wurden in der „Automobilwoche“ (Quelle: Automobilwoche, Spezial, Dezember 2023, S. 16) Umfrageergebnisse unter Automobilherstellern und Zulieferern veröffentlicht, wo es unter anderem um die Frage nach den wichtigsten Treibern von Einkaufentscheidungen geht. Das Nummer-eins-Kriterium war die Qualität, gefolgt vom Management geopolitischer und handelspolitischer Risiken. Die Widerstandsfähigkeit von Lieferketten sowie Nachhaltigkeit, CO2-Emissionen und Umweltrisiken waren auch unter den Top-5-Kriterien. Die AMAG kann bei all diesen Themen mit Spitzenwerten punkten. Daher wird von den Vollprofis unter den Einkäufern auch nicht erwartet, dass wir zusätzlich auch noch immer Billigstbieter sind. Es gibt ja auch wissensbasierten Einkauf und da werden unsere Leistungen in Hinblick auf Qualität mit sehr geringen Reklamationszahlen sowie unsere Lieferperformance und unsere Nachhaltigkeitsanstrengungen immer wieder mit Auszeichnungen honoriert. Wir liegen mit unseren Werken in Österreich, Deutschland und Kanada in geopolitisch stabilen, friedlichen Regionen. All das, gepaart mit stabilen Eigentümerverhältnissen und stabiler Finanzsituation, macht uns zu einem sehr gut kalkulierbaren, stabilen Element in einer vielleicht fragilen Lieferkette. Das ist heutzutage viel wert. Somit sind wir oft der Bestbieter, aber nicht der Billigstbieter.

AluReport: Qualität ist also das Nummer-eins-Kriterium. Qualität kann aber viele Facetten haben und die etwa 1000 Kunden der AMAG haben wahrscheinlich auch ganz unterschiedliche Vorstellungen, wenn sie „Qualität“ definieren müssen, oder?

HK: Jetzt sind wir wieder zurück bei der Bedeutung von Wissen. Die große Zahl an Produkten kann nur dann reproduzierbar, verlässlich und mit bester Qualität erzeugt werden, wenn in unserer internen Prozesskette alle Beteiligten genau wissen, was sie tun und warum. An jeder einzelnen Stufe der komplexen Prozesskette können wir das Erzeugnis zum Ausschuss machen. Ein Spitzenprodukt entsteht nur, wenn alles passt. Sie erinnern sich vielleicht an den letzten AluReport. Da hatten wir einen Schwerpunkt auf „Mikrostruktur“ gelegt. Das Verständnis der Zusammenhänge zwischen Mikrostruktur und Produkteigenschaften ist schwierig zu erlangen und ebenso die Umwandlung des theoretischen Wissens in die Realität während der Produktion. Aber das müssen wir tun, wenn wir reproduzierbar höchste Qualität liefern wollen und vor allem, wenn wir auf Kundenwunsch Neuentwicklungen oder Produktmodifikationen anbieten sollen. Aber stellen wir uns vor, dass wir uns im Inneren, im Zentrum, eines Produkts befinden, dort die Mikrostruktur kennen, verstanden haben, als vorteilhaft empfinden und uns jetzt auf den Weg nach außen machen. Dann kommen wir irgendwann an eine oberflächennahe Zone und dann wirklich an die Oberfläche. Dort ist vieles anders und kann für ein und dieselbe Legierung je nach Vorgeschichte  deutlich unterschiedlich sein. Das ist wie wenn ein Taucher aus der Nordsee auftaucht: Einmal sieht er weite Strände in Deutschland und Dänemark, in England sieht er die steilen Klippen von Dover und in Norwegen zerklüftete Fjorde - und doch ist es überall die Nordsee. Weil diese oberflächennahe Zone und die Oberfläche selbst für das Eigenschaftsprofil des Produktes so wichtig ist, vernachlässigen wir sie nicht und haben deshalb dieses Heft schwerpunktmäßig dem Thema „Oberfläche“ gewidmet, auch um zu demonstrieren, wie viel Wissen dazu in der AMAG vorliegt.

AluReport: Welche Rolle spielt da jetzt die neue Bandveredelungsanlage, die die AMAG gerade in Betrieb nimmt?

HK: Es ist ohne Zweifel von Vorteil, wenn Wissen mit modernsten Anlagen kombiniert wird! Im konkreten Fall wird eine ältere Bandbeize durch eine moderne, vielseitig einsetzbare Bandveredelungsanlage ersetzt, um unsere Spitzenposition bei oberflächenkritischen Produkten zu festigen bzw. auszubauen.

AluReport: Was verstehen Sie unter oberflächenkritischen Produkten?

HK: Wahrscheinlich denken die meisten Leser bei Oberflächenthemen zuerst an das optische Erscheinungsbild eines Produkts. Das stimmt sicher bei Produkten für dekorative Anwendungen. Wir verstehen uns hier als Qualitätsführer mit über 30 Jahren Erfahrung in der Herstellung von Glanzprodukten, seien sie für die Beleuchtungsindustrie, Architekturanwendungen, Automobilzierteile, Kosmetik­verpackungen und vieles mehr. Aber Oberflächen müssen nicht nur „schön“ sein. Sie sind wichtig beim Kleben, Schweißen und Löten, beim Lackieren, ja sogar beim Umformen selbst. Oberflächenkritische Produkte sind oft Spezialprodukte, die nicht jeder herstellen kann. Das ist somit ein Betätigungsfeld für die AMAG als Premiumlieferant von Spezialprodukten.

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AluReport: Sie haben schon öfters gesagt, dass andere AMAG-Produkte von den oberflächenkritischen Produkten profitieren. Wie ist das gemeint?

HK: Ich sage ganz allgemein für das Produktportfolio der AMAG, dass ALLE Produkte davon profitieren, dass an einzelne Produkte besondere Anforderungen gestellt werden. Seit mehr als 30 Jahren profitieren ALLE Produkte davon, dass beste Glanzqualitäten nur in besonders sauberer Umgebung erzeugt werden können und das Handling mit äußerster Vorsicht erfolgen muss. Wenn es staubt und raucht, wird kein tolles Glanzprodukt gewalzt werden können. Wenn das Handling nicht sorgsam erfolgt oder die Verpackung nicht passt, werden die schönen Oberflächen gleich wieder zerkratzt. Aber es beginnt schon in der Gießerei: Wenn Einschlüsse im Walzbarren sind, wird das Produkt zum Ausschuss. Also wieder: Die gesamte Prozesskette muss passen!Lassen Sie mich ein anderes Beispiel nennen: Für die Herstellung von Luftfahrtprodukten müssen unsere Anlagen, besonders unsere Wärmebehandlungsöfen, engste Prozessfenster einhalten. Da unzählige Produkte über die einzelnen Anlagen laufen, erfahren daher beispielsweise auch wärmebehandelte Trittbleche ihre Behandlung in Luftfahrt-zertifizierten Öfen, was auch für diese Produkte höchste Reproduzierbarkeit der Qualität bedeutet. Das breite Produktportfolio der AMAG an einem Standort, alle Legierungsfamilien, unterschiedlichste Branchen, alle Prozessschritte vom Recycling, über die Gießerei zum verpackten Walzprodukt in der eigenen Hand, ergibt einen einmaligen Wissenspool. Ich behaupte, dass dies global einzigartig ist.

AluReport: Sie sagen also, AMAG steht für ausgeprägtes Wissen, gepaart mit modernsten Anlagen und somit für höchste Qualität?

HK: Danke, ich hätte es nicht besser zusammenfassen können!

AluReport: Lassen Sie mich bitte abschließend noch etwas Privates zur Wanddekoration in Ihrem Büro fragen. Haben die Koi-Karpfen eine Bedeutung?

HK: Ja, haben sie: Kois stehen gemäß einer japanischen Legende für Stärke, Ausdauer, Mut, Zielstrebigkeit und Fortschritt, aber auch für Erfolg, Glück, Unabhängigkeit und Freiheit - eigentlich lauter Eigenschaften und Rahmenbedingungen, die ein guter Unternehmenslenker haben sollte. Zumindest meine Keramik-Kois wirken auch noch lustig und zufrieden. Das motiviert mich.Die Pflanze ist übrigens eine Zaubernuss. Zaubern wäre manchmal auch hilfreich.

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