Gegen die Kurz­sichtigkeit

Interview mit CEO Dr. Helmut Kaufmann anlässlich der 50. Ausgabe des AluReports

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Bild: Priv.-Doz. Dr. Helmut Kaufmann (CEO, COO)

AluReport spricht mit CEO Dr. Helmut Kaufmann anlässlich der 50. Ausgabe des AluReports über die Ursprünge des Magazins, über die AMAG damals und heute und wie der AluReport auch helfen kann, Kurzsichtigkeit zu bekämpfen.

AluReport: Herr Kaufmann, der AluReport ist Ihr Baby. Bitte erzählen Sie uns, wie alles begonnen hat.

HK: Nachdem meine Kollegen Gerhard Falch als CEO, Gerald Mayer als CFO und ich als COO im Jahr 2007 in den Vorstand der AMAG, damals noch Teil der Constantia-Gruppe, gewählt wurden, hatten wir in einem Strategieprozess festgelegt, dass wir die AMAG als Premiumanbieter für Aluminium-Flachprodukte und Recycling-Gusslegierungen mit einem hohen Spezialitätenanteil am Gesamtportfolio am Markt positionieren wollen. Außerdem hatten wir recht klare Vorstellungen, wie wir die AMAG auch mit strategischen Investitionen weiterentwickeln wollen. Da erschien es mir sehr angebracht, unsere Kunden regelmäßig mit Hilfe eines AMAG-Magazins über unsere Entwicklungsfortschritte zu informieren.

AluReport: Ist diese Idee sofort auf Begeisterung gestoßen, oder gab es sogar Widerstand?

HK: Es bedurfte einer gewissen Überzeugungsarbeit, lustigerweise gerade bei unserem damaligen Leiter der Unternehmenskommunikation. Ich kann mich noch genau erinnern, als er zu mir sagte: „Okay, dann haben wir ein erstes Heft gemacht und dann haben wir keinen Stoff mehr für ein zweites“. Ich habe mich durchgesetzt und jetzt zelebrieren wir die 50. Ausgabe des AluReports. Wir hatten auch nie einen Mangel an Themen. Im Gegenteil, wir haben mit 16 Seiten gestartet und müssen jetzt oft bei 40 Seiten einen Schlussstrich ziehen. Es soll ja ein Heft bleiben und kein Buch werden.

AluReport: Wie genau läuft das ab?

HK: Ich weiß ja nicht genau, wie das bei einer Zeitung oder Zeitschrift läuft, aber vielleicht ähnlich. Unmittelbar nachdem ein Heft erschienen ist, gibt es eine Redaktionssitzung für das kommende Heft. Dabei legt eine ausgewählte Gruppe an AMAG-Teammitgliedern fest, welche Artikel in welchem Umfang im kommenden Heft erscheinen sollen. Und ich habe, wenn man so will, die Rolle des Chefredakteurs. Das ist tatsächlich viel Arbeit. Wir arbeiten praktisch das ganze Jahr am AluReport.

AluReport: Wie beurteilen Sie heute die Entwicklung dieses Magazins?

HK: Ganz ehrlich gesagt bin ich stolz auf die Entwicklung. Das erste Heft hatte ja tatsächlich noch etwas „Broschürenhaftes“. Da haben wir die AMAG und das neue Management-Team vorgestellt. Aus heutiger Sicht gut so, denn es markiert den Ausgangspunkt der Entwicklung.Dann wurde der AluReport nach und nach zu dem, was er sein sollte, nämlich ein Kunden- und Mitarbeiter-Informationswerk mit hohem fachlichem Anspruch. Ich wollte nie Bla-Bla-Geschichten erzählen. Die AMAG als Premiumlieferant mit hoher Innovationskraft zeigt, was sie kann, und der AluReport trägt das in die Breite, dreimal im Jahr. Wir wissen, dass der AluReport von Kunden und Mitarbeitern genauso gelesen wird, wie von Studierenden und Lehrlingen, und natürlich auch von Mitbewerbern. Für Aluminium-Interessierte soll der AluReport durchaus ein Bildungserlebnis sein.

AluReport: Braucht die Welt noch so ein Bildungserlebnis?

HK: Ja, braucht sie. Dringend sogar. Gerade jetzt im Zusammenhang mit den Dekarbonisierungsbestrebungen und mit dem erhöhten Einsatz von Recycling-Material sowie der Entwicklung CO2-optimierter Produkte ist Aufklärung durch Fachleute besonders gefordert. Nicht alles, was bei der Produktentwicklung betriebswirtschaftlich verlockend erscheint, ist metallkundlich oder metallurgisch auch nur annähernd gescheit!Wir wollen einen Beitrag zu dieser Aufklärungsarbeit leisten. Da der AluReport auch an Vertreter der Politik geht, hoffen wir natürlich auch dort zur Aufklärung beizutragen.

AluReport: Welchen Aufklärungsbedarf orten Sie dort?

HK: Gerade wenn es um Dekarbonisierung geht, habe ich oft das Gefühl, dass der Industrie unterstellt wird, dass sie nichts ändern will. Dabei geht es technisch oft gar nicht, oder zumindest nicht, solange die erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen durch die öffentliche Hand nicht umgesetzt wurden. Da muss die Industrie wohl ein bisschen lauter werden.

AluReport: Was hat sich in den rund 15 Jahren fachlich in der Branche am stärksten verändert?

HK: Ich glaube, dass es die erwähnte Fokussierung auf Nachhaltigkeit ist. Die Erzeugung nachhaltiger Produkte durch hohe Recycling-Raten, die Ermittlung der CO2-Emissionen über Massenbilanz und auf Einzelprodukt-ebenen sowie die Berichterstattung darüber, gab es vor 15 Jahren noch nicht in diesem Ausmaß. Dem Klimawandel muss natürlich entgegengewirkt werden, aber die damit verbundene Bürokratie in Europa und in Österreich ist schon ein Wahnsinn. Wir haben gerade ermittelt, wie viele Personen bei der Erstellung unserer sogenannten „nichtfinanziellen Erklärung“ im Geschäftsbericht mitgewirkt haben. Das waren gezählte 74 Personen und die Kosten betrugen mehrere hunderttausende Euro. Wenn jetzt auch kleinere Unternehmungen nach CSRD (Anmerkung: Corporate Sustainability Reporting Directive) berichten müssen, frage ich mich, wie das gehen soll.

AluReport: Gibt es dafür nicht Berater?

HK: Sicher, es gibt für alles Berater, aber glauben Sie wirklich, dass ein Berater 74 interne Fachexperten ersetzen kann? Für diese Berichterstattung benötigt man profunde Kenntnis über alle Prozesse und Abläufe. Das geht nicht nur aus der Verwaltung heraus. Da geht es ja auch um das Messbarmachen von Daten aus der Produktion, um Erhebung und Analyse der Daten und um die schriftstellerische Leistung bei der Berichtslegung. Ein einheitliches Schema dafür gibt es nicht. Wir begegnen diesen Anforderungen durch Aufbau und Ausbau von hausinterner Expertise. Ich habe ja schon im letzten AluReport auf die Bedeutung von wissensbasiertem Handeln hingewiesen. Das spiegelt sich in unserer Entwicklungsarbeit, in der Produktion, in der Berichterstattung genauso wie in der Qualität der AluReport-Beiträge wider. Das Ganze ist Ausdruck einer gelebten Management-Philosophie: Wir versuchen, das bestmögliche Team zu bilden und Kompetenz im Unternehmen zu haben, dann ist man nicht von Beratern abhängig und generell weniger angreifbar.Aber lassen Sie mich bitte auf diese überbordende Berichtslegung nochmals zurückkommen. Ich empfinde es als untragbar, dass sich die Industrie in Europa permanent dafür rechtfertigen muss, dass sie noch etwas produziert. Wie kurzsichtig ist das eigentlich?! Die Gesellschaft muss verstehen, dass wir ohne wirkliche Wertschöpfung durch Produktion unseren Lebensstandard nicht halten können. Und bedenken Sie bitte: Das Geld und die Zeit, die wir in ausufernde Berichte stecken, fehlen uns anderswo.

AluReport: Wie geht es weiter mit dem AluReport?

HK: Nun, der nächste Entwicklungsschritt erfolgt schon mit dieser Ausgabe, denn das Online-Angebot wird verbessert. Ob es auch einen 100. AluReport zu feiern geben wird, werden wir sehen. Die Themen werden uns jedenfalls nicht ausgehen!

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