AMAG CrossAlloy® für die Raumfahrt

Gut gerüstet für raue Umgebungen

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Aluminiumlegierungen sind in der Raumfahrttechnik unverzichtbar. Ihre hervorragenden mechanischen Eigenschaften in Verbindung mit ihrem geringen Gewicht machen sie zu einem bevorzugten Werkstoff für Strukturkomponenten, Tankanlagen, Module und andere Schlüsselelemente in bemannten und unbemannten Raumfahrtmissionen.

Diese Kombination von Eigenschaften macht Aluminium zu einem hervorragenden Kandidaten vor allem für Strukturkomponenten von Raumfahrtsystemen. In diesem Zusammenhang werden für Satelliten häufig Aluminiumlegierungen der Serien 6xxx und 7xxx für Rahmen und Verkleidungen verwendet. Bemannte Raumkapseln wie die Orion-Kapsel nutzen Aluminiumstrukturen, die mit kohlenstofffaserverstärkten Polymeren (CFK) verstärkt sind, um zusätzliche Festigkeit und thermische Stabilität zu erreichen. Aluminium wird auch in Tragkonstruktionen für Solarpaneele und in präzise gefertigten Nutzlastadaptern verwendet, wo es geringe Masse mit mechanischer Steifigkeit verbindet. Darüber hinaus kommen hochfeste Aluminium-Lithium-Legierungen aufgrund ihrer hervorragenden mechanischen Eigenschaften und Gewichtsersparnis auch in Raketentanks und Außenstrukturen zum Einsatz.Zu den in der Luft- und Raumfahrt am häufigsten verwendeten Legierungen gehören 2195 (Al-Li), 2024 (Al-Cu-Mg), 7075 (Al-Zn-Mg-Cu) und 6061 (Al-Mg-Si).

Herausforderungen durch Umwelt und Strahlung im Weltraum

Degradationskräfte
Abbildung 1: : Darstellung potenzieller Degradationskräfte auf Weltraumwerkstoffe. Die orange hervorgehobenen Spannungsfaktoren können durch den Aufprall und das Eindringen hochenergetischer Protonen und Elektronen (Sonnenpartikelereignisse) oder durch längere Einwirkung schwerer Ionenstrahlung (galaktische kosmische Strahlung) zu Verschiebungsschäden führen.

Die extremen Bedingungen der Weltraumumgebung setzen Materialien vielfältigen Degradationskräften aus, wie in Abbildung 1 dargestellt.

Schnelle Temperaturwechsel - von extremer Kälte im Schatten eines Planeten bis zu intensiver Sonneneinstrahlung - verursachen erhebliche thermische Ausdehnungen und Kontraktionen. Diese Veränderungen können thermische Spannungen hervorrufen, die im Laufe einer Weltraummission zu Mikrorissen führen können. Das Vakuum im Weltraum fördert außerdem die Ausgasung von gasförmigen Verunreinigungen in Metallen, Legierungen und Beschichtungen, was sich sowohl auf die Materialleistung als auch auf die Haltbarkeit der Bordinstrumente auswirkt.

Ein weiterer wichtiger Umweltfaktor ist das Weltraumwetter. Das Weltraumwetter umfasst solare Teilchenereignisse (SPEs), galaktische kosmische Strahlung (GCRs) und Sonnenwind, die zur Degradation von Raumfahrzeugmaterialien beitragen können. Solare Teilchenereignisse können hochenergetische Protonen und Elektronen liefern, die Verschiebungsschäden und Ionisation in Strukturkomponenten verursachen können. Längerer Kontakt mit galaktischer kosmischer Strahlung - die aus hochenergetischen Schwerionen besteht, die ihren Ursprung außerhalb des Sonnensystems haben - kann kumulative Auswirkungen haben und die Mikrostruktur von Materialien im Nanobereich verändern. Besonders dünne Metallbeschichtungen mit einer Dicke von wenigen bis zu mehreren hundert Mikrometern leiden unter diesen rauen Bedingungen erheblich. Diese Prozesse können elektronische Fehlfunktionen, Oberflächenerosion und langfristige Versprödung auslösen.

Durch Korpuskularstrahlung können Atome in der Aluminiummatrix aus ihren Gitterpositionen verdrängt werden und Leerstellen bilden. Diese Verdrängungsschäden verschlechtern die mechanischen Eigenschaften durch Spannungskonzentrationen und Störungen der Lastübertragungsmechanismen sowie durch Veränderungen der thermischen und elektrischen Leitfähigkeit.Präzipitationsgehärtete Aluminiumlegierungen sind besonders anfällig für Strahlungseffekte, da diese Legierungen für ihre mechanische Festigkeit auf fein verteilte Sekundärphasen angewiesen sind. Unter Sonneneinstrahlung können sich diese Ausscheidungen auflösen, vergröbern oder in andere, weniger wirksame Härtungsphasen umwandeln. Dies führt zu einer Verringerung der Härte, Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit. Die durch strahlungsinduzierte Leerstellen erhöhte Atombeweglichkeit beschleunigt die Diffusion von Legierungselementen, was manchmal zu unerwünschten Phasenbildungen an den Korngrenzen führt, die Versprödung und intergranulare Korrosion begünstigen können.

Mikrostrukturelle Veränderungen aufgrund von Strahlung führen zu einer Verschlechterung der makroskopischen Eigenschaften. Unter T6-Auslagerungsbedingungen beispielsweise führt der Verlust von festigkeitssteigernden Ausscheidungen zu einer deutlichen Abnahme der Streckgrenze und der Härte. Die Duktilität kann durch strahlungsinduzierte Mikrorisse oder die Bildung grobkörniger Phasen beeinträchtigt werden, und die Korrosionsbeständigkeit kann durch die Bildung neuer intermetallischer Phasen abnehmen. Auch die Kriechfestigkeit nimmt aufgrund der durch Strahlung begünstigten Versetzungsbewegung ab.

Mögliche Strategien zur Risikominderung und Forschungsergebnisse

Die Verbesserung der Strahlungsbeständigkeit von Aluminiumlegierungen für Weltraumanwendungen ist ein wesentlicher Schwerpunkt in der Werkstofftechnik für die Luft- und Raumfahrt.

Bei Aluminiumlegierungen besteht die wirksamste Strategie in der Verwendung von überalterten Zuständen wie T7, die die Stabilität von härtenden ausscheidenden Phasen verbessern und deren Anfälligkeit für Auflösung unter Strahlung verringern. Im Gegensatz zu Spitzenalterungszuständen (T6), in denen fein verteilte verstärkende Partikel anfälliger für strahlungsinduzierte Umwandlungen sind, fördern T7-Zustände größere und thermisch stabilere Ausscheidungen, die weniger anfällig für Störungen sind.Ein neuerer Ansatz zur Erhöhung der Stabilität der Aushärtungsphase besteht darin, die Beschaffenheit oder Art der Phase selbst zu verändern. Durch sorgfältige Gestaltung der Legierungszusammensetzung und der Auslagerungsbehandlungen können Ingenieure die Bildung von Ausscheidungen wie der T-Mg32(Zn,Al)49-Phase fördern, die unter Strahlung eine hervorragende Stabilität aufweist. Diese stabilen Phasen wirken als Barrieren gegen Versetzungsbewegungen und können die strukturelle Integrität auch in Umgebungen mit hoher Strahlung und hoher Leerstellenkonzentration aufrechterhalten.

Neue Forschungsergebnisse: Strahlungsbeständige AlMgZn-Crossover-Legierungen

Jüngste Forschungen, die von Wissenschaftlern der Montanuniversität Leoben in Zusammenarbeit mit AMAG durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass durch die Kombination der vorteilhaften Eigenschaften der Serien 5xxx (Al-Mg) und 7xxx (Al-Zn) Crossover-Legierungen mit verbesserter Strahlungsbeständigkeit entwickelt werden können. Eine neu entwickelte AlMgZn-Legierung mit 4,7 Gew.-% Mg und 3,4 Gew.-% Zn zeigte eine bemerkenswerte mikrostrukturelle Stabilität bei Bestrahlung mit Schwerionen bis zu 1 Verschiebung pro Atom (dpa), was der Wirkung eines starken Sonnensturms entspricht. Die wichtige verstärkende Phase (T-Mg32(Zn,Al)49) blieb strukturell stabil.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Mg2Si-Phasen in AlMgSi-Legierungen (wie 6061), die unter ähnlicher Strahleneinwirkung zur Auflösung neigen, zeigte die T-Phase in dieser Crossover-Legierung selbst bei hohen Dosen keine signifikanten morphologischen Veränderungen oder Auflösungen. Es wurden auch keine Hohlräume oder größere Schäden beobachtet. Der hohe Volumenanteil und die chemische Komplexität der T-Phase scheinen ein entscheidender Faktor für die Strahlungsbeständigkeit zu sein. Im Gegensatz dazu waren Partikel mit einem hohen Gehalt an Cr, Fe und Mn anfälliger für strahlungsinduzierte Auflösung, was durch EDX-Mapping und Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) bestätigt wurde. Dies könnte für dünne Metallbeschichtungen, die in Weltraumsonden allgegenwärtig sind, von entscheidender Bedeutung sein.

AMAG CrossAlloy.57 für Weltraumanwendungen

Wie bereits in früheren Ausgaben des AluReport berichtet, investiert AMAG stark in die Industrialisierung des Crossover-Legierungskonzepts. Rigorose Tests zahlreicher Versuchschargen in verschiedenen Dicken und Zuständen haben ein großes Potenzial für den Einsatz in vielen verschiedenen Bereichen wie Automobil, Transport, Verteidigung, Zerspanung und anderen aufgezeigt.Basierend auf den Hinweisen auf eine verbesserte Strahlungsbeständigkeit von T-phasengehärteten Legierungen, die an im Labormaßstab hergestellten Legierungsproben gesammelt wurden, wurde eine eingehende Charakterisierung der Mikrostruktur von industriell gefertigten Blechen und Platten initiiert, die derzeit noch läuft.

Vorläufige Ergebnisse aus TEM-Untersuchungen im unberührten oder vorbestrahlten Zustand (Abbildung 2) bestätigen das Vorhandensein von T-Phasenpartikeln sowohl in 1-mm- als auch in 3-mm-Proben. Im Vergleich zu den Ergebnissen aus Laborversuchen (Abbildung 2, Literatur) sind die Härtungsausscheidungen in den industriellen Proben deutlich kleiner, die allgemeine Morphologie ist jedoch vergleichbar.

Da die Ergebnisse der Charakterisierung nach der Bestrahlung noch ausstehen, muss die Strahlungsbeständigkeit von AMAG CrossAlloy®.57 noch vollständig nachgewiesen werden, aber die Anzeichen sind mehr als vielversprechend. In der Zwischenzeit wird die thermomechanische Behandlung weiterentwickelt.

Über die gesamte Anlage verteilt sind an verschiedenen Messpunkten Sensoren zur Erfassung der Produktionsdaten angebracht. Unterschieden wird zwischen Messstellen im Einlauf (vor dem eigentlichen Walzprozess), die Werte am Einlaufband erfassen, und Messstellen im Auslauf, die sich auf das Auslaufband beziehen. Zusätzlich verfügt das betrachtete Kaltwalzwerk über eine Einlaufschere und eine Auslaufschere, welche in der Zeit-Längen-Transformation ebenfalls berücksichtigt werden müssen.

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Abbildung 2: EDS-Mappings und Beugungssignale bestätigen das Vorhandensein von T-Phasen-Partikeln in den industriell gefertigten Produkten (1,0 mm / T6 und 3,0 mm / T76) vor der Bestrahlung und stimmen mit den Beobachtungen an Laborpro

Kundennutzen:

Im Gegensatz zu den meisten handelsüblichen Aluminiumlegierungen ist AMAG CrossAlloy®.57 aufgrund seiner einzigartigen mikrostrukturellen Eigenschaften und der daraus resultierenden Strahlungsbeständigkeit ein idealer Kandidat für Weltraumanwendungen, insbesondere für dünne Metallbeschichtungen. Insbesondere für Langzeitmissionen, bei denen die Haltbarkeit ein entscheidender Faktor ist, könnte das T-phasen-gehärtete Material den meisten seiner Konkurrenten überlegen sein. Auch die allgemeine Luftfahrt könnte von der Verwendung von AMAG CrossAlloy®.57 profitieren. Obwohl sie im Vergleich zur Raumfahrt weniger intensiv ist, trägt die Schwerionenbestrahlung ebenfalls zur Materialdegradation in den Reiseflughöhen von Langstrecken-Verkehrsflugzeugen bei.

Fazit

Trotz der rauen Bedingungen im Weltraum bleiben Aluminiumlegierungen aufgrund ihrer vielseitigen Eigenschaften bevorzugte Werkstoffe für Luft- und Raumfahrtanwendungen. Die Strahlenbelastung stellt jedoch insbesondere für ausscheidungsgehärtete Varianten eine große Herausforderung dar. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Langzeitstabilität der verstärkenden Phasen und der gezielten Reduzierung strahlungsinduzierter Defekte. Zukünftige Werkstofflösungen müssen Leichtbauweise mit einer verbesserten Beständigkeit gegen kosmische Strahlung kombinieren.

Quellen:

[1]    Tunes, M. A., Campos, M., Caro, M. S., Farias, J. P., Barbosa, C., et al. (2020). Prototypic Lightweight Alloy Design for Stellar-Radiation Environments. Advanced Science, 7(24), 2001943. https://doi.org/10.1002/advs.202001943[2]    Roesler, J., Harders, H., Bäker, M. (2007). Mechanisches Verhalten der Werkstoffe. Springer.[3]    Callister, W. D., Rethwisch, D. G. (2020). Materials Science and Engineering: An Introduction (10th ed.). Wiley.[4]    Hall, E. O. (1951). The deformation and ageing of mild steel: III Discussion of results. Proceedings of the Physical Society. Section B, 64(9), 747–753..[5]    Gussev, M. N., et al. (2015). Effect of helium ion irradiation on microstructure and mechanical properties of Al alloys. Journal of Nuclear Materials, 465, 578–586.