GIBT ES GRÜNES ALUMINIUM?

Wenn ja, was bedeutet das?

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Abbildung 1 Die sechs Umweltziele der EU-Taxonomieverordnung. Wirtschaftliches Handeln und entsprechende Produkte müssen mindestens eines dieser Ziele erfüllen, um „grün“ zu sein [4].

Um es gleich vorwegzunehmen - Aluminium hat eine silbrige Farbe und kann lediglich grün lackiert bzw. anodisiert werden. Ähnlich verhält es sich mit den Äußerungen zum Thema grünes Aluminium: erst bei genauerer Betrachtung wird deutlich, ob eine Behauptung lediglich eine solche ist, also grün eingefärbt, oder ob die Aussage nachvollziehbar fachlich korrekt ist.

AMAG geht letzteren Weg konsequent seit vielen Jahren. Aussagen in Bezug auf Nachhaltigkeit werden erst dann öffentlich kommuniziert, wenn diese auch von dritten, anerkannten Stellen auditierbar und zertifizierbar dokumentiert werden können. Doch der Reihe nach:

Was bedeutet „grün“, wenn man von grünem Aluminium spricht?

Eine Recherche legt nahe, dass dies gar nicht so einfach zu definieren ist.Das deutsche Umweltbundesamt bezeichnet „Green Economy“ als ein „Konzept, das dem Leitbild einer umweltverträglichen Wirtschaft folgt. Sie fördert umweltverträgliches Wachstum, indem die ökologischen Grenzen anerkannt und ökonomische Knappheiten und Kosten antizipiert werden“ [1]. Darin ist ein „Produkt grün, wenn es sich deutlich von funktional gleichen Produkten hinsichtlich seiner Umweltqualität abhebt“ [1].Das österreichische Umweltbundesamt wiederum definiert „Grüne Chemie“ als „ökologisch orientierte Chemie, die darauf abzielt, Umwelt- und Gesundheitsbelastung […] zu reduzieren. Bereits beim Design […] sollen die Verfahren zur Herstellung von […]Produkten energieeffizienter, ressourcenschonender, gesundheits- und umweltverträglicher gestaltet […] werden“ [2]. Daraus wird ersichtlich, dass das Wort „grün“ ein schwammiger Begriff ist und leicht zu Greenwashing verwässert werden kann [3, 4].>

Taxonomie: Ein Katalog an nachhaltigen Aktivitäten

Aus diesem Grund hat die EU eine Standardisierung eingeführt, die Taxonomie: Die EU-Taxonomie, abgeleitet aus den altgriechischen Begriffen „Taxis“ für Ordnung und „Nomos“ für Gesetz (wortwörtlich also „Ordnungsgesetz“), ist ein Klassifikationsschema zur Definition nachhaltiger Geschäftsaktivitäten. Durch sie will die EU einen Katalog an Aktivitäten aufzeigen, die als nachhaltig gelten. Allgemein ausgedrückt soll die EU-Taxonomie für jede wirtschaftliche Aktivität klar angeben, ob sie nachhaltig ist: ja oder nein [nach 5].Die 6 Umweltziele für nachhaltiges Wirtschaften [6, Artikel 9] sind in Abbildung 1 dargestellt:

  1. Klimaschutz
  2. Anpassung an den Klimawandel
  3. Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
  4. Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  5. Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
  6. Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme

Eine daraus abgeleitete industrielle Produktion muss daher allen folgenden vier Kriterien genügen [6, Artikel 3, näher definiert in Art. 10-19], siehe dazu auch Abbildung 2:

  • leistet einen Beitrag für mindestens eines der Umweltziele
  • schadet keinem der Umweltziele signifikant („does not significantly harm“)
  • erfüllt ein Minimum an Sicherheitsstandards, zum Beispiel die „UN Guiding Principles on Business and Human Rights“, um einen negativen sozialen Einfluss zu vermeiden
  • erfüllt die technischen Auswahlkriterien (Screening criteria) entwickelt von der EU Technical Expert Group (eingesetzt von der EU Kommission)

Diese Kriterien sind wie auch die entsprechenden Begriffe genau festgelegt [6, Artikel 2]. Damit hat die EU sowohl die Erfordernisse als auch die Auslegung für nachhaltiges Wirtschaften und daraus abgeleitet „Grünes Aluminium“ genau definiert [7]. Jedem dieser Ziele und Kriterien folgt eine Fülle von nachgeschalteten legislativen Anforderungen. So wurden allein im Bereich des Klimaschutzes verschiedene rechtliche Rahmenbedingungen und Initiativen eingeführt, welche den Rahmen dieses Artikels sprengen würden.AMAG beleuchtet diese allerdings in einem Artikel im ALUMINIUM Journal 12.2023 genau und zeigt auf, welche konkreten Vorbereitungen dazu bereits umgesetzt wurden.

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Abbildung 2: Die vier Kriterien für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten. Diese müssen eingehalten werden [4].

Umsetzung der Handlungsfelder für grünes Aluminium

Um also der EU-Taxonomie für grüne Produkte zu entsprechen, muss Aluminium sowohl von der Inputseite als auch der Prozessseite ganzheitlich betrachtet werden.

Die Input-Seite:

Wie bereits in einer früheren Ausgabe des AluReports beschrieben [8], wächst der Aluminiummarkt mit jährlichen Raten von ca. 3 - 4 % und ist damit noch lange nicht gesättigt. Aufgrund der langen Lebensdauer von Produkten aus Aluminium gibt es noch verhältnismäßig wenig Rücklauf an Aluminiumschrotten und der Bedarf muss zu mehr als 2/3 weiterhin über Primärmetall gedeckt werden. Nur ca. ein Drittel des Bedarfs kann über Recycling gedeckt werden [9].Umso wichtiger ist es, dieses Material so effizient wie möglich zu rezyklieren. Dazu zählen nicht nur effiziente Prozesse, sondern auch der bestmögliche Einsatz des Schrottes. Aluminiumprodukte bestehen aus vielen verschiedenen Legierungen mit unterschiedlichsten Legierungselementen, welche die jeweiligen Eigenschaften bestimmen. Vermischt man diese unterschiedlichen Legierungen, entsteht ein Gemenge, das keiner dieser Legierungsfamilien entspricht. Es ist daher technisch schwierig, eine hochwertige Legierung ausschließlich aus gemischtem Schrott aus Abfällen herzustellen. Deshalb kann entweder eine Legierung mit weniger strengen Anforderungen hergestellt werden (sog. Downgrading), oder die entsprechende Reinheit durch Zugabe von Primäraluminium oder eine sorgfältig zusammengestellte Schrottmischung in Verbindung mit einer genauen Einstellung des Gefüges dargestellt werden. Um den Recyclinganteil zu erhöhen und eine größere Materialmenge herstellen zu können, ist die Abstimmung mit Kunden von größter Bedeutung: Ohne Änderung der Legierungstoleranzen bestehender Legierungen werden die einsetzbaren Schrottmengen im Mittel nicht einmal das oben genannte Drittel des Bedarfs erreichen.

Die Prozessseite:

Die Produktionsanlagen der AMAG werden so geplant und betrieben, dass sie dem Stand der Technik entsprechen oder diesen übertreffen, alle gesetzlichen Vorgaben einhalten und ihre Umweltauswirkungen möglichst minimiert werden. Für eine Minimierung der Umweltauswirkungen ist es unter anderem notwendig, den Einsatz von Materialien, Betriebs- und Hilfsstoffen, Wasser und Energie möglichst effizient zu gestalten. Dazu ist neben dem Stand der Technik der Anlagen auch die kontinuierliche Optimierung der Produktionsprozesse entscheidend. AMAG setzt also einen gesamtheitlichen Blick auf alle Umweltauswirkungen und deren Minimierung um. Das setzt sich in der Messung der Emissionen im Bereich Luft, Boden und Wasser fort. Diese werden über ein sehr engmaschiges Monitoring besonders streng überwacht. So werden beispielsweise Teile der Zusammensetzung der Abluft der Schmelzöfen kontinuierlich gemessen, wie etwa Staub oder organische Kohlenstoffverbindungen.Für diese Messinstrumente sind zeitliche Mindestverfügbarkeiten definiert, die lückenlos nachzuweisen sind. Die Verfügbarkeiten und Messergebnisse werden in jährlichen Berichten dokumentiert und der Behörde übermittelt.Für Boden und Wasser gibt es ähnliche behördliche Vorgaben. Kühlwasser wiederum wird in den Produktionskreislauf rückgeführt. Durch Verbesserungen der Kreislaufsysteme konnten der Wasserverbrauch und die spezifische Nutzwasserentnahme bei steigender Produktionskapazität über die Jahre hinweg konstant gehalten werden. Aushub- oder Abbruchmaterialien von Baustellen werden intern weiterverwendet. Der sechste Punkt der EU-Taxonomie, Biodiversität wird ebenso ernsthaft umgesetzt: gemeinsam mit universitärer Unterstützung durch die Universität für Bodenkultur (BOKU, Wien) erfolgt die Bewirtschaftung des eigenen Waldes hin zu einheimischen Hölzern mit hoher Klimastresstoleranz. Zudem konnten bei der Züchtung von varroaresistenten Bienen gemeinsam mit der Bienenzuchtgruppe Oberösterreich-Salzburg bereits erste Erfolge erzielt werden.

Noch grüneres Aluminium?

Sowohl auf Gesetzgeberseite als auch auf Kundenseite (meist ebenfalls durch den Gesetzgeber dazu ermutigt) besteht der Wunsch, Aluminium noch grüner, also mit noch weniger Auswirkungen auf die Umwelt herzustellen. AMAG kommt diesem Wunsch gerne nach, allerdings ist es wichtig, diesen Weg gemeinsam zu gehen. Im November 2023 startete AMAG den ersten Großversuch zum Schmelzen von Aluminium im industriellen Maßstab mittels reinen Wasserstoffes. Die Vorbereitungen dazu liefen über ein Jahr. Für eine komplette Umstellung ist der behördliche Genehmigungsprozess rascher zu gestalten.Ebenso ist die entsprechende Infrastruktur von staatlicher Seite sicherzustellen und elektrische Anschlussleistungen für grünen Strom bzw. Pipelines für grünen Wasserstoff müssen rasch vorbereitet werden, wobei diese Energieformen auch in ausreichender Menge zu kompetitiven Preisen zur Verfügung stehen müssen. Gemeinsam mit Kunden sollten langfristige Closed-Loop-Beziehungen etabliert werden, um Schrotte ohne Qualitätsverlust wieder zu Produkten zu verarbeiten und althergebrachte Legierungstoleranzgrenzen sollten überdacht werden, um erhöhten Einsatz von Mischschrotten zu erlauben. Die führende Kompetenz der AMAG in Sachen Aluminium-Recycling wird für die Produktion von grünem Aluminium noch mehr an Bedeutung gewinnen. Um nennenswerte Mengen dauerhaft darstellen zu können, bedarf es einer engen Zusammenarbeit mit den Kunden.Die Herstellung von Sekundäraluminium bedarf nur 5 bis 10 % der Energiemenge im Vergleich zur Primäraluherstellung und stellt somit den wesentlichsten Beitrag auf dem Weg zum klimaneutralen Produkt und klimaneutralen Industriestandort dar. Zur vollen Ausschöpfung dieses Potentials bedarf es aber auch entsprechender Legierungs-Neuentwicklungen mit breiteren Toleranzgrenzen für Legierungselemente zur Erhöhung der Schrotteinsatzquote, oder völliger neuer Legierungskonzepte, wie bei den AMAG CrossAlloys®.

Kundennutzen

Grünes Aluminium ist kein Marketing-Schlagwort, sondern seit der EU-Taxonomieverordnung ein konkret definiertes Produkt. Die Reduktion von Treibhausgasen, vor allem CO2, steht zwar im Vordergrund, aber ist nur ein Teil der von der EU definierten ganzheitlichen Nachhaltigkeitsziele.

Dieses ganzheitliche Denken ist seit langem Teil der AMAG-DNA und fließt stets in die Produktentwicklungen mit ein. AMAG beschreitet diesen Weg seit Jahren konsequent, erfolgreich, unabhängig zertifiziert und prämiert.

Quellenverzeichnis:

[1]    Umweltbundesamt Deutschland „Grüne Produkte in Deutschland, Status Quo und Trends“, April 2013, Fachgebiet III 1.1, Übergreifende Aspekte des produktbezogenen Umweltschutzes, nachhaltige Konsumstrukturen, Innovationsprogramm, Dr. Michael Bilharz, Dessau-Roßlau, Deutschland, https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/gruene_produkte_in_deutschland_status_quo_und_trends_neulayout.pdf [2]    Umweltbundesamt Österreich „Grundlagendokument – Entwicklung einer Kreislaufwirtschaftsstrategie“, G. Moser, B. Karigl, S. Benda-Kahri, Report REP-0782, 2021, 1090 Wien, ISBN-13 978-3-99004-606-7,  https://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/rep0782.pdf[3]    Duden, „Greenwashing“, Deutsches Universalwörterbuch: Das große Bedeutungswörterbuch 10. Auflage, Dudenverlag, 16. Oktober 2023, Berlin, ISBN-13 978-3411055104 oder unter https://www.duden.de/rechtschreibung/Greenwashing[4]    European Commission, EU Taxonomy Navigator, https://ec.europa.eu/sustainable-finance-taxonomy/ and “A User Guide to Navigate the EU Taxonomy for Sustainable Activities”, Juni 2023, ISBN-13 978-92-76-40678-5, https://ec.europa.eu/sustainable-finance-taxonomy/assets/documents/Taxonomy%20User%20Guide.pdf[5]    Envoria, München, Deutschland https://eu-taxonomy.info/de/info/eu-taxonomy-grundlagen abgerufen am 02.11.2023[6]    Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger             Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088 (Text von Bedeutung für den EWR), Dokument 32020R0852, Artikel 9, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2020/852/oj sowie Konsolidierte Fassung: Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088 (Text von Bedeutung für den EWR)Text von Bedeutung für den EWR, Artikel 10-19, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2020/852/2020-06-22[7]    Bekanntmachung der Kommission zur Auslegung und Umsetzung bestimmter Rechtsvorschriften des delegierten Rechtsakts über die Offenlegungspflichten             nach Artikel 8 der EU-Taxonomie-Verordnung für die Meldung von taxonomiefähigen und taxonomiekonformen Wirtschaftstätigkeiten und Vermögenswerten (zweite Bekanntmachung der Kommission), Amtblatt der Europäischen Kommission, C/2023/305, 20.10.2023, ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2023/305/oj[8]    AluReport 02.2021, “Die Crux mit der CO2-Bilanzierung“, Seiten 12-15, https://www.calameo.com/read/003424018247f209d628e[9]    International Aluminium Institute, „Aluminium Recycling Factsheet“, Oktober 2020, London, https://international-aluminium.org/resource/aluminium-recycling-fact-sheet/

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