DER WALD DER AMAG - MEHRWERT FÜR MENSCH, NATUR UND KLIMA

Interview mit Gerald Steindlegger und Bettina Gupfinger

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Abbildung 1: Neu gepflanzter Mischwald im AMAG-Wald

AluReport spricht mit Mag.a Bettina Gupfinger, Technik-Geschäftsführerin der AMAG service GmbH und Dipl.-Ing. Gerald Steindlegger, Gründer des Büros für integrierte Nachhaltigkeitslösungen (ISS), auf einem Rundgang durch den AMAG-Wald.

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Abbildung 2: Bettina Gupfinger und Gerald Steindlegger

AluReport: Wir stehen hier auf der Brücke der Begegnung. Wer begegnet sich hier?

BG: Die Brücke der Begegnung verbindet vielerlei: den Arbeitsplatz der MitarbeiterInnen mit ihrem Wohnort, Sicherheit für den Weg in die Arbeit mit Möglichkeiten einer nachhaltigen Mobilität, Arbeit an einem wichtigen Industriestandort Österreichs mit Freizeit und Erholung im Wald, Industrie und Natur, aber auch die AMAG mit der Region.

AluReport: Was verbinden Sie mit diesem Bauwerk?

GS: Für mich erzählt dieses Bauwerk eine Geschichte. Sie spannt den Bogen vom Einst zum Jetzt der AMAG und ist auch Symbol meiner persönlichen Geschichte mit der AMAG. Die Geschichte der AMAG wird auf dieser Baumscheibe (Abbildung 4), einer zirka 180 Jahre alten Eiche, dargestellt. Ich persönlich durfte vor allem beim Thema Nachhaltigkeit mitwirken.Als ich vor fast 10 Jahren das erste Mal die AMAG besucht und näher kennengelernt habe, war ich wirklich beeindruckt von den vielfältigen Maßnahmen, die das Unternehmen bereits umgesetzt hatte. Besonders der hohe Grad des Recyclings beim Materialeinsatz ist mir in Erinnerung. Entsprechend meiner beruflichen Wurzeln in der Forstwirtschaft war natürlich der Wald ein Thema, aber auch die Renaturierung der Grünflächen als Beitrag zum Schutz der Biodiversität. Durchaus spannend waren aber auch die Diskussionen bezüglich der Nachhaltigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Ich habe erkannt, dass es die AMAG wirklich ernst meint damit, mehr zu tun als „Business as usual“. Die AMAG war ja Gründungsmitglied der ASI (Aluminium Stewardship Initiative), einem Zertifizierungssystem für Aluminium. Damals hatte ich mich schon mehr als 15 Jahre mit weltweiten Wald- und Holzzertifizierungssystemen beschäftigt, dementsprechend konnte ich ein paar wichtige Aspekte in die ASI einbringen, die damals, das getraue ich mir zu sagen, noch in den Kinderschuhen steckte. Der damalige erste Austausch zum Thema Nachhaltigkeit hat in erfolgreiche Projekte gemündet, deren Ergebnisse heute sichtbar sind. Schlussendlich habe ich auch ein äußerst engagiertes Managementteam und tatkräftige MitarbeiterInnen kennengelernt.

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Abbildung 3: Gerald Steindlegger und Bettina Gupfinger auf der Brücke der Begegnung

AluReport: Seit ein paar Wochen ist der AMAG-Waldpfad erlebbar. Was sind die wesentlichen Inhalte dieses Weges und wer soll damit angesprochen werden?

BG: Der Waldpfad und auch die dazugehörige Waldinsel sollen als Bildungs- und Erholungsangebot für Bevölkerung, Schulen und MitarbeiterInnen dienen.Thematisch spannen wir einen weiten Bogen entsprechend dem Motto „Wo sich Industrie und Natur begegnen“. Viele dieser Themen wollen wir mit ihrem geschichtlichen Hintergrund vermitteln, weil nur dadurch nachvollziehbar wird, was derzeit unser Handeln bestimmt. Wir wollen vermitteln, dass heute das Thema Umwelt- und Ressourcenschutz einen hohen Stellenwert im alltäglichen Handeln des Unternehmens hat. Nicht zuletzt geht es natürlich um den AMAG-Wald, der ganz besonders ist.

AluReport: Was ist das Besondere am AMAG-Wald?

GS: Hier muss ich etwas ausholen. Die AMAG ist seit 80 Jahren Eigentümerin eines 180 Hektar großen Forstbetriebes, der Teil des Waldkomplexes Lachforst ist. Die Waldbewirtschaftung steht heute vor besonderen Herausforderungen. Früher war der Wald hohen Emissionsbelastungen ausgesetzt. Bei der Erstellung des Waldwirtschaftsplanes im Jahre 1988 wurden noch rund 34 Prozent des Waldes als „Rauchschadenswald“ ausgewiesen, in dem eine geordnete Forstwirtschaft kaum möglich war.Seit der Einstellung der damals schon in die Jahre gekommenen Elektrolyse im Jahr 1992 hat sich die Schadstoffbelastung naturgemäß drastisch verbessert. Der Wald ist aufgrund historischer forstlicher Nutzung nach wie vor zu großen Teilen mit Fichtenbeständen bestockt, die mit dem Klimawandel nur schlecht zurechtkommen.In den letzten 50 Jahren hat sich die Jahresdurchschnittstemperatur in Österreich um rund zwei Grad Celsius erhöht und liegt heute in Ranshofen bei zirka zehn Grad Celsius. Diese erhöhten Temperaturen, die je nach Klimaszenario noch weiter ansteigen werden, liegen außerhalb des "Wohlfühlbereiches" der Fichte. In tiefen Lagen, wie hier im Lachforst, wird es der Fichte einfach zu heiß. Insbesondere die letzten Jahre haben den Forstbetrieb massiv gefordert und Schäden, verursacht durch Stürme, Trockenheit und Borkenkäfer, mussten aufgearbeitet werden.Besonders geschädigt wurde in den letzten Jahren leider auch die Esche, die im AMAG-Wald teilweise bestandsbildend vorkam. Heute ist die Esche, wie in ganz Österreich auch, massiv vom Eschentriebsterben betroffen und es kam zum teilweise flächigen Absterben dieser wertvollen Baumart. Der gesamte AMAG-Wald ist entsprechend des oberösterreichischen Waldentwicklungsplanes [1] als Wohlfahrtswald ausgewiesen. Diese Flächen sind besonders für die ausgleichende Wirkung des Waldes auf das Klima und den Wasserhaushalt sowie für die Reinigung und Erneuerung von Luft und Wasser bedeutend. Erhebliche Teile, insbesondere südlich des Industriegeländes, sind zusätzlich als Grundwasservorrangflächen ausgewiesen und dienen dem besonderen und vorsorgenden Grundwasserschutz.Zudem ist der AMAG-Wald in ein Radwege- bzw. Lauf- und Wanderwegenetz eingebunden, das überwiegend von der regionalen Bevölkerung, aber auch von AMAG-MitarbeiterInnen zur Erholung genutzt wird. Die Herausforderungen und Ansprüche an den Wald sind also vielfältig.

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Abbildung 5: Die Waldinsel ist ein beliebter Platz bei MitarbeiterInnen

AluReport: Wie stellt sich die AMAG diesen Herausforderungen und was sind die konkreten Maßnahmen, die gesetzt werden?

GS: Die AMAG wählt hier einen sehr professionellen Weg, der auf wissenschaftlichen Grundlagen basiert.Im Jahr 2022 haben meine Kollegen von der Universität für Bodenkultur eine Waldzustandsinventur durchgeführt. Der Wald wurde sozusagen auf der ganzen Fläche vermessen und wir wissen heute relativ genau, welche Baumarten vorkommen, wie sie auf der Fläche verteilt sind und wie die Altersstruktur des Waldes aussieht.Wir kennen auch wichtige Parameter für die Biodiversität, zum Beispiel die Häufigkeit von Totholz und die Anzahl der Mikrohabitate. Basierend auf diesen Grundlagen und den schon erwähnten Herausforderungen haben wir einen Waldmanagementplan erstellt.Die Förderung der Biodiversität, der Aufbau eines klimafitten Waldes und die Sicherung wichtiger Waldleistungen als Erholungs-, Schutz- und Erlebnisraum für die regionale Bevölkerung stehen im Zentrum des Waldmanagements. Der Aufbau stabiler, reich strukturierter und vielfältiger Mischwälder ist hier von zentraler Bedeutung. Es werden mindestens 3-4 standorttaugliche und zukunftsfähige Baumarten pro Bestand angestrebt. In der Holzproduktion versuchen wir gute Qualitäten zu erzielen, die die Herstellung möglichst langlebiger Holzprodukte erlauben. Die Brücke der Begegnung wurde aus Lärchenholz aus dem AMAG-Wald hergestellt, das rund 9 Tonnen Kohlenstoff, das entspricht umgerechnet etwa 33 Tonnen Kohlendioxid, speichert.

Ganz wichtig ist auch ein partnerschaftliches Miteinander von forstlicher und jagdlicher Bewirtschaftung, damit sich der Wald verjüngen kann. Die enge Abstimmung mit dem Jagdpächter erlaubt, dass Wald und Wild im Einklang sind. Erlöse aus dem Verkauf von Holz und der Verpachtung der Jagd zielen nicht auf Ertragsmaximierung ab. Sehr wohl wird aber nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit gearbeitet und eine Kostendeckung angestrebt.

AluReport: Sie haben den Schutz der Biodiversität angesprochen. Welche Maßnahmen setzt die AMAG außerhalb des Waldes, um die Biodiversität zu fördern?

BG: Die AMAG hat sich zum Ziel gesetzt, die Biodiversität auf all ihren Grundstücken zu fördern. Innerhalb des Betriebsgeländes wurden beispielsweise Bäume und Sträucher gepflanzt und Glatthaferwiesen ersetzen monotone Rasenflächen.Außerhalb wurden artenreiche Blumenwiesen angepflanzt und Bienenvölker angesiedelt. Bei der Errichtung von Schutzwällen rund um das Werksgelände werden diese bewusst als Rohbodenflächen ausgestaltet, um wertvolle Biotope für verschiedene Pflanzen- und Tierarten zu schaffen. Die mittlerweile über 300 Einzelbäume am Werksgelände sind Schattenspender und nicht nur wichtig für das Kleinklima, sondern auch Lebensraum für Vögel und Insekten. Wer durch das Industriegelände geht, wird feststellen, dass es in der AMAG sehr grün ist. Dazu tragen auch die mehr als 4,5 Hektar großen Versickerungsflächen bei. Einerseits schützen sie den Werksstandort vor Überflutungen, andererseits spielen diese grasbewachsenen Flächen eine wichtige Rolle für den Wasserhaushalt und entlasten die örtlichen Kanalsysteme.

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Abbildung 6: AMAG-Waldpfad

AluReport: Wenn Sie in die Zukunft blicken, welche Maßnahmen wollen Sie noch umsetzen?

BG: Der eingeschlagene Weg soll konsequent fortgesetzt werden. Im Wald stehen auch weiterhin die Förderung der Biodiversität, der Klimaschutz, der Erholungswert und die Sicherheit für Besucher und Gäste im Vordergrund. Mit der Errichtung und Betreuung des Waldpfads wollen wir den AMAG-Wald für die regionale Bevölkerung erlebbar machen. Dieses Angebot soll laufend mit Informationsmaterial und Exkursionen ergänzt werden. Für all diese Ziele wird uns weiterhin der wissenschaftliche Ansatz begleiten.

GS: Es ist geplant, dass sich die AMAG auch in den Dienst des wissenschaftlichen Informationsgewinnes und der Forstpraxis stellt. Wir streben die Anlage von Dauerversuchs- bzw. Demonstrationsflächen an. So sollen dann Datengrundlagen geschaffen werden, die der wissenschaftlichen Lehre, insbesondere aber auch praxisnahen Fragestellungen dienen sollen. Zum Beispiel möchte die AMAG wichtige Informationen bezüglich des Umbaus von strukturarmen Fichtenwäldern in baumarten- und strukturreiche Dauerwälder generieren und zur Verfügung stellen. Diese Informationen sollen auch regionalen Waldbesitzern eine Hilfestellung in aktuellen forstlichen Fragestellungen bieten.

AluReport: Zum Abschluss noch eine persönliche Frage an Sie beide: Sie arbeiten jetzt fast 10 Jahre zusammen, wie empfinden Sie die Zusammenarbeit?

GS: Schon vor vielen Jahren habe ich erkannt, dass der Wirtschaft und Industrie eine ganz zentrale Rolle zukommt, um die von den Vereinten Nationen ausgegebenen SDGs (Sustainable Development Goals), also die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Hier in der AMAG arbeitet ein hoch motiviertes Team, um diese Ziele zu unterstützen. Das beginnt beim Vorstand und geht quer durch alle Abteilungen.Ich persönlich bin froh, Teil dieses Teams zu sein. Ich fühle mich dabei nicht als außenstehender Dienstleister, sondern als geschätzter Partner. Gemeinsam arbeiten wir an gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen. Dabei ist eine Art freundschaftliches Zusammenwirken entstanden, für das ich mich bei allen Beteiligten bedanken möchte.

BG: Die Zusammenarbeit mit Gerald Steindlegger hat das Bewusstsein für und die Arbeit mit unserem Wald auf ein völlig neues Niveau gehoben.Wenn man sich vorstellt, dass die Waldfläche der AMAG mit ca. 180 ha wesentlich größer ist, als die derzeit verbaute Industriefläche von ca. 100 ha, kann man nachvollziehen, welches Potential eine Waldbewirtschaftung birgt, die sich an den klar definierten Zielen Klimafitness, Biodiversität und Wohlfahrtswald orientiert. Wir schätzen Gerald Steindlegger als ausgesprochenen Experten.

Literatur:

[1]    Der Waldentwicklungsplan (WEP) ist ein forstlicher Raumplan, in dem die Wirkungen oder Funktionen des Waldes dargestellt und forstlich relevante Informationen über den Wald gesammelt werden. Der WEP für Oberösterreich ist im Digitalen Oberösterreichischen Rauminformationssystem DORIS abrufbar: interMAP - Forstwirtschaft (ooe.gv.at)

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