WIE wird der CO₂-FUßABDRUCK ermittelt?
Nachhaltigkeit in jedem Schritt, garantiert
Die Ökobilanz und der CO2-Fußabdruck
Die Ökobilanz (engl. Life Cycle Analysis, kurz: LCA) ist eine systematische, genormte Analyse der Umweltauswirkungen eines Produktes. Idealerweise berücksichtigt die LCA alle Stoff- und Energieströme. Der CO2-Fußabdruck bzw. engl. Carbon Footprint auf Produktebene (CFP) ist eine Ökobilanzierung der verursachten Treibhausgasemissionen im Verlauf des Produktlebensweges [3].Der Cradle-to-Gate-Ansatz für die Berechnung des CO2-Fußabdrucks ist ein partieller CFP und bezieht sich zum Beispiel bei der Herstellung von Aluminiumprodukten auf die Quantifizierung der Treibhausgasemissionen, beginnend beim Bergbau und der Rohstoffgewinnung über die Primäraluminiumherstellung bis hin zu allen Prozessschritten, welche bis zum Zeitpunkt benötigt werden, an dem das Aluminiumprodukt das Werk des Herstellers verlässt. Die Anwendung einer Öko- oder CO2-Bilanz beruht auf international anerkannten Standards (EN ISO 14040 [1], EN ISO 14044 [2], EN ISO 14067 [3], etc.). Nach diesen Standards können sich unternehmensspezifisch aufgestellte Bilanzen verifizieren lassen, um weiterführend einen CO2-Fußabdruck für bestimmte Produkte zu garantieren. Liegen zusätzlich auch branchen- bzw. produktspezifische Regeln für die Ermittlung des CO2-Fußabdrucks vor (sog. Produktkategorieregeln, kurz PKR), sind diese nach Normvorgabe anzuwenden. Für AMAG-Primäraluminium wurden z. B. die PKR für Aluminium-Grundprodukte sowie Speziallegierungen („Basic Aluminium Products and Special Alloys“ [5]) berücksichtigt.
AMAG AL4® ever bietet zertifizierte Guss- und Walzprodukte sowie Primäraluminium gemäß EN ISO 14067 mit garantiert niedrigem CO2-Fußabdruck.
Grundpfeiler der Berechnung
Um einen wissenschaftlichen Ansatz sowie Transparenz zu gewährleisten, müssen mehrere Schritte befolgt sowie eine unabhängige Überprüfung durchgeführt werden. Die Norm EN ISO 14067 [3] gibt die Anforderungen und Leitlinien zur Quantifizierung des Carbon Footprint von Produkten vor. Das Kernelement der Norm bildet die CFP-Studie (Carbon Footprint Studie) [3].Wesentliche Schritte sind die Festlegung der Systemgrenze sowie der umfassten Prozessschritte, Informationen zur Datenerfassung, der Datenquellen sowie der Datenqualität. Darüber hinaus sind die Datenunsicherheiten anzugeben. Die Bestimmung der Treibhausgasemissionen erfolgt auf Basis etablierter Standards wie z. B. dem GHG Protocol und enthält alle wesentlichen Einflussfaktoren. Aufgrund von beispielsweise mangelnder Datenverfügbarkeit und/oder -auflösung, etwa entlang der Lieferkette, ist die Berechnung im Regelfall nicht trivial durchzuführen [1, 2, 3, 4].
AMAG AL4® ever-Primäraluminium
Der CO2-Fußabdruck umfasst die Emissionen aus der Ressourcengewinnung und Rohstoffbeschaffung sowie aus der Produktion am Elektrolysestandort. Nachgelagerte Prozesse wie Vertrieb, Nutzung und Entsorgung etc. werden aufgrund des Cradle-to-Gate-Ansatzes und in Übereinstimmung mit den PKR [5] nicht miteinbezogen.Der CO2-Fußabdruck einer Aluminiumelektrolyse wird maßgeblich von der Energiequelle beeinflusst. In der Elektrolyse Alouette kann zur Gänze auf erneuerbaren Strom aus Wasserkraft zurückgegriffen werden, wodurch nahezu keine energiebedingten CO2-Emissionen entstehen. Bei Einsatz von Energie aus Kohlekraftwerken liegen die Emissionen aus zugekaufter Elektrizität bei mehr als dem Achtfachen, und bei Strom aus Erdgas bei mehr als dem Vierfachen, im Vergleich zum Einsatz von Elektrizität aus erneuerbaren Quellen [6]. Durch den hohen Wirkungsgrad der Anlagen bei Alouette sowie aufgrund laufender Optimierungen werden die CO2-Emissionen zudem geringgehalten. Die Scope-3-Emissionen von Primäraluminium entstehen in erster Linie durch die vorgelagerte Wertschöpfungskette bei der Produktion der benötigten Vormaterialien wie z. B. Tonerde. Die Herstellungsprozesse der Vormaterialien sowie deren Herkunft haben somit, neben dem eingesetzten Elektrizitätsmix, einen maßgeblichen Einfluss auf den CO2-Fußabdruck von Primäraluminium. Die Emissionen des Primäraluminiums mit AMAG AL4® ever-Zertifikat liegen bei maximal 4,0 Tonnen CO2 pro Tonne Aluminium. Im Vergleich zum weltweiten Durchschnitt von 15,1 Tonnen CO2 pro Tonne Aluminium [7] entspricht dies einer Einsparung an Treibhausgasemissionen von mehr als 70 Prozent.
Guss- und Walzprodukte
Die Festlegung aller erforderlichen Randbedingungen sowie die Berechnung des CO2-Fußabdrucks der AMAG Guss- und Walzprodukte am Standort Ranshofen sind analog zum Primäraluminium in einer CFP-Studie dokumentiert und erfüllen die Anforderungen gemäß EN ISO 14067. Die Berechnung für Guss- bzw. Walzprodukte umfasst die in der AMAG Ranshofen anfallenden Scope-1- und Scope-2-Emissionen sowie die Scope-3-Emissionen der Vorkette nach dem Cradle-to-Gate-Ansatz (Abbildung 1). Die Nachhaltigkeitsstrategie der AMAG setzt auf das Recycling von Aluminium.Trotz der hohen Schrotteinsatzrate im Durchschnitt über alle Produkte ist, in Abhängigkeit von der jeweiligen Legierung, auch der Einsatz von Primäraluminium oder externen Walzbarren sowie Legiermetallen erforderlich. Die damit verbundenen Scope-3-Emissionen der genannten Rohstoffe werden zwar nicht am Standort Ranshofen emittiert, treten jedoch in der Vorkette auf und tragen somit wesentlich zur Gesamtbilanz der Treibhausgasemissionen des Produktes bei.Aufgrund des Bezugs von grünem Strom aus Wasserkraft und anderen erneuerbaren Quellen werden seit dem Berichtsjahr 2018 am Standort Ranshofen keine Scope-2-Emissionen verursacht. Für das Produkt wird zur Erfassung aller relevanten Scope-1-Emissionen die Prozessroute zur Herstellung am Standort inkl. der Prozesse zur Sortierung, zur Aufbereitung und zum Umschmelzen von internen Schrotten und Krätze etc. berücksichtigt. Darüber hinaus werden alle sonstigen Scope-1-Emissionen, wie zum Beispiel interner Transport und Diesel für Dienstfahrzeuge oder Heizenergie für Bürogebäude, den Produkten aliquot als AMAG-Overhead zugeordnet. Die Ausbringung aus den Produktionsschritten beschreibt den tatsächlichen Output aus den eingesetzten Inputmaterialien nach durchlaufenen Anlagen und ermöglicht es, alle angefallenen Treibhausgasemissionen auf das produzierte Endprodukt zu beziehen. Um eine Bilanzierung der auftretenden Umweltbelastungen zu gewährleisten, folgt die Berechnungsmethodik der AMAG dem Cut-Off-Prinzip: Bei diesem werden die Emissionen jenem Prozess zugeordnet, bei dem sie anfallen. Somit werden Materialeinsparungen sowie der hohe Mehrwert von Recycling berücksichtigt und ein recyclinggerechtes Produktdesign gefördert.
Der CO2-Fußabdruck von Guss- und Walzprodukten wird somit maßgeblich von der Rohstoffzusammensetzung (Primärmetall sowie Sekundäranteil/Schrott), der Ausbringung der wesentlichen Prozessschritte sowie der durchlaufenen Anlagen und deren Energiequelle/n beeinflusst.
AMAG AL4® ever-Produktfamilie
Aluminiumwalz- und -gussprodukte der AMAG AL4® ever-Produktfamilie zeichnen sich durch einen besonders niedrigen CO2-Fußabdruck aus und unterstützen damit bestmöglich die Kunden bei der Erreichung ihrer eigenen Umweltziele.Grundvoraussetzung hierfür ist eine positiv abgeschlossene Machbarkeitsstudie inklusive Berechnung des CO2-Fußabdruckes basierend auf den konkreten Kundenanforderungen. Dabei werden die Auftragsmenge, die technischen Spezifikationen sowie die erforderlichen Rohstoffe (Primäraluminium/Walzbarren, Schrott und Legiermetalle) berücksichtigt.Der CO2-Fußabdruck des Produktes wird im Werkszeugnis bestätigt. Als Beispiel ist AMAG TITANAL® AL4® ever zu nennen: Dieses Produkt ist bei unveränderten Kennwerten auch in einer besonders ressourcenschonenden Materialvariante mit geringem CO2-Fußabdruck als Teil der AMAG AL4® ever-Familie erhältlich.
Scope-1-Emissionen:Diese Emissionen stammen aus eigenen oder vom Unternehmen kontrollierten Aktivitäten und werden oftmals auch als „direkte Emissionen“ bezeichnet.
Scope-2-Emissionen:Umfasst sind Emissionen aus zugekaufter Energie wie Strom, Wasserdampf, Fernwärme oder -kälte, die außerhalb der eigenen Systemgrenzen erzeugt, aber vom Unternehmen verbraucht werden. Diese Emissionen werden oftmals auch als „indirekte Emissionen“ bezeichnet.
Scope-3-Emissionen:Umfassen alle übrigen Treibhausgasemissionen, die durch die vor- bzw. nachgelagerten Geschäftstätigkeiten der Organisation verursacht werden.
ÄPFEL MIT ÄPFEL ODER ÄPFEL MIT BIRNEN VERGLEICHEN?
Möchte man die CO2-Fußabdrücke gleicher Produktgruppen unterschiedlicher Hersteller vergleichen, so sind stets die gegebenen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen ist es zu hinterfragen, ob ein Vergleich überhaupt möglich ist (Stichwort: idente Systemgrenzen, inkludierte Emissionen, Berechnungsansätze etc.). Eine Verifizierung nach EN ISO 14067 [3] und die Heranziehung der Produktkategorieregeln bieten somit Klarheit, Transparenz und Konsistenz bei der Berechnung der emittierten, produktbezogenen Treibhausgasmengen.
Literatur:
[1] Umweltmanagement - Ökobilanz - Grundsätze und Rahmenbedingungen (ISO 14040:2006 + Amd 1:2020); Deutsche Fassung EN ISO 14040:2006 + A1:2020[2] Umweltmanagement - Ökobilanz - Anforderungen und Anleitungen (ISO 14044:2006 + Amd 1:2017 + Amd 2:2020); Deutsche Fassung EN ISO 14044:2006 + A1:2018 + A2:2020[3] Treibhausgase - Carbon Footprint von Produkten - Anforderungen an und Leitlinien für Quantifizierung (ISO 14067:2018); Deutsche und Englische Fassung EN ISO 14067:2018[4] Im AluReport 02/2021 hat AMAG einen Bericht zum Cut-Off vs. Avoided-Burden-Ansatz veröffentlicht. Alu Report-2021-02-DE (calameo.com)[5] Product Category Rules (PCR); Date 2022-12-09; Basic Aluminium Products and Special Alloys; Product Category Classification: UN CPC 4153; PCR 2022:08; Version 1.0; Valid Until 2026-12-09[6] International Aluminium Institute (IAI): Aluminium Carbon Footprint Technical Support Document v1.0 (15th February 2018); 2019 Life Cycle Inventory (LCI) Data and Environmental Metrics[7] International Aluminium Institute (IAI): Greenhouse Gas Emissions Intensity- Primary Aluminium. Date of Issue: 29 November 2023. https://international-aluminium.org/statistics/greenhouse-gas-emissions-intensity-primary-aluminium/