Heiß. Sauber. Zukunftsfähig.

AMAG setzt künftig auf CO₂-freien Ofenbetrieb

Die AMAG Austria Metall AG mit Sitz in Ranshofen ist ein führender Anbieter von hochwertigen Aluminiumprodukten. Mit seiner Dekarbonisierungs-Strategie hat sich das Unternehmen ambitionierte Ziele gesetzt. Bis 2050 will die AMAG am Standort Ranshofen klimaneutral produzieren. In einer Branche, die traditionell mit hohen CO2-Emissionen verbunden ist, markiert dieser Weg eine tiefgreifende Transformation – technologisch, wirtschaftlich und kulturell.

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Abbildung 1: Einzelkammeröfen der AMAG rolling GmbH zur Durchführung verschiedener Wärmebehandlungen von Aluminium-Coils

Die im Oktober 2024 zuletzt veröffentlichte Dekarbonisierungs-Roadmap zeigt, wie systematisch die AMAG diesen Wandel angeht. Im Zentrum des Programms stehen drei strategische Hebel: die konsequente Nutzung von Recyclingmaterialien, die Steigerung der Energieeffizienz und die schrittweise Substitution fossiler Energieträger durch erneuerbare Alternativen wie grünen Strom oder grünen Wasserstoff. Mit der nach ISO 14067 zertifizierten und unabhängig geprüften Produktlinie AMAG AL4® ever, die bereits jetzt Aluminiumwalz- und Gussprodukte mit einem besonders niedrigen CO2-Fußabdruck umfasst, positioniert sich die AMAG als Vorreiter der nachhaltigen Metallverarbeitung und als verlässlicher Partner für Kunden, die ihre eigenen Klimaziele erreichen wollen.Durch den Einsatz von Strom aus erneuerbaren Quellen ohne nukleare Anteile sowie durch die hohe Schrotteinsatzquote von 75-80* Prozent ist der AMAG-Standort in Ranshofen bereits heute eine der CO2-effizientesten Aluminium-Produktionsstätten Europas. Unterstützt wird dies auch durch die Beteiligung an der kanadischen Elektrolyse Alouette, die Primäraluminium mit dem weltweit niedrigsten CO2-Fußabdruck produziert (die Energie stammt zu 100 Prozent aus Wasserkraft), welches bei Bedarf auch in Ranshofen eingesetzt wird. Die Fortschritte und Maßnahmen der AMAG im Bereich ESG werden transparent im jährlichen Nachhaltigkeitsbericht dokumentiert. Dieser orientiert sich am europäischen Berichtsstandard (ESRS) und bietet detaillierte Einblicke in Emissionskennzahlen, Energieverbrauch und Ressourceneffizienz. Die Governance-Struktur rund um ESG und Dekarbonisierung ist ebenfalls klar geregelt. Im Strategieausschuss wird die Umsetzung von ESG-Maßnahmen kontinuierlich überwacht, was für eine enge Verzahnung mit der Unternehmensstrategie sorgt.Im Rahmen ihrer Dekarbonisierungsstrategie verfolgt die AMAG bewusst einen technologieoffenen Ansatz. Aktuell wird im Zuge einer umfangreichen Studie der AMAG rolling GmbH der Einsatz unterschiedlicher Beheizungs- bzw. Brennertechnologien unter realen Produktionsbedingungen an mehreren Einzelkammeröfen getestet. Diese Pilotversuche dienen dem Ziel, fundierte Erkenntnisse über die technische Machbarkeit, Energieeffizienz, CO2-Reduktion und wirtschaftliche Tragfähigkeit der jeweiligen Systeme zu gewinnen. Die finale Technologieauswahl wird schlussendlich datengestützt erfolgen, mit dem klaren Ziel, Nachhaltigkeit und industrielle Effizienz gleichermaßen zu verbessern. In diesem Beitrag wird ein konkretes Beispiel dieser Studie vorgestellt: die Umrüstung zweier Einzelkammer-Wärmebehandlungsöfen im Walzwerk von einer Erdgas- auf eine elektrische Beheizung. Das im Juli 2023 initiierte Projekt zielte darauf ab, fossile Brennstoffe durch elektrische Energie aus erneuerbaren Quellen zu ersetzen, ohne dabei die Produktqualität zu beeinträchtigen. Die technische Herausforderung bestand darin, die neuen Heizregister in den vorhandenen Bauraum der Gasbrenner zu integrieren und dabei weder die Ofenatmosphäre noch die Luftströmung zu verändern. Um die thermodynamischen Eigenschaften der Öfen beizubehalten, musste zudem die Steuerungstechnik umfassend angepasst werden. Außerdem wurden zum Vergleich zwei unterschiedliche elektrische Heizsysteme - eine Rohr- und eine Plattenheizung - von einem österreichischen Ofenhersteller installiert. Im Rahmen der Untersuchungen wurde insbesondere auch die Energieeffizienz der beiden Systeme im Betrieb direkt verglichen. Die jedenfalls benötigte elektrische Infrastruktur wurde bereits zukunftsorientiert so ausgelegt, dass die elektrische Leistung für den Betrieb von insgesamt 24 Öfen bereitgestellt werden kann.

*Schrottanteil beinhaltet Pre- und Post-Consumer-Scrap, Closed-Loop-Scrap und Fabricator-Scrap und ist der Durchschnitt über alle Produkte am Standort Ranshofen

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Abbildung 2: Vergleich der Temperaturgleichmäßigkeitsmessungen zwischen Erdgasbefeuerung (orange) und elektrischer Rohrheizung (grün). Die einhüllenden Kurven (strichliert) stellen die minimale bzw. maximale Temperatur aus 20 Messstellen im Ofenraum zu einem bestimmten Zeitpunkt dar.
Abbildung 2: Vergleich der Temperaturgleichmäßigkeitsmessungen zwischen Erdgasbefeuerung (orange) und elektrischer Rohrheizung (grün). Die einhüllenden Kurven (strichliert) stellen die minimale bzw. maximale Temperatur aus 20 Messstellen im Ofenraum zu einem bestimmten Zeitpunkt dar.
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Abbildung 3: Vergleich der Temperaturgleichmäßigkeitsmessungen zwischen Erdgasbefeuerung (orange) und elektrischer Plattenheizung (grün). Die einhüllenden Kurven (strichliert) stellen die minimale bzw. maximale Temperatur aus 20 Messstellen im Ofenraum zu einem bestimmten Zeitpunkt dar.
Abbildung 3: Vergleich der Temperaturgleichmäßigkeitsmessungen zwischen Erdgasbefeuerung (orange) und elektrischer Plattenheizung (grün). Die einhüllenden Kurven (strichliert) stellen die minimale bzw. maximale Temperatur aus 20 Messstellen im Ofenraum zu einem bestimmten Zeitpunkt dar.

Die Inbetriebnahme der beiden Öfen erfolgte im Juli 2025. Um die thermische Performance zu validieren und die Auswirkungen der neuen Heizstrategie auf die wärmebehandelten Produkte zu untersuchen, wurden für beide Heizsysteme vor und nach der Umrüstung Temperatur- gleichmäßigkeitsmessungen an 20 Messstellen im Ofenraum bei verschiedenen Temperaturvorgaben durchgeführt (siehe Abbildung 2 und Abbildung 3). Wie aus den kalibrierten Temperaturkurven ersichtlich ist, führt die elektrische Beheizung bei beiden Heizsystemen zu einer tendenziell schnelleren Erwärmung auf die repräsentative Soll-Temperatur von 200 °C. Die Regelbandbreite liegt zwischen 200,0 °C und 201,5 °C. Mit gemessenen Minimal- bzw. Maximaltemperaturen von 200,2 °C bzw. 201,2 °C im elektrischen Betrieb ergibt sich für die Rohrheizung (Abbildung 2) eine maximale Spreizung von 1,4 °C zu den Sollwerten. Aus den Minimal- und Maximaltemperaturen von 200,3 °C bzw. 201,7 °C beim Plattenheizsystem (Abbildung 3) errechnet sich eine maximale Spreizung von 2,0 °C. Beide Heiz- systeme entsprechen somit den hohen Anforderungen nach AMS 2750/AMS 2772 (dem Normwerk für Luftfahrtprodukte) und garantieren eine unverändert hohe Produktqualität. Für beide Heizsysteme ergibt sich eine signifikante durchschnittliche Energieeinsparung im Bereich von 26 Prozent bis 29 Prozent gegenüber der Erdgasbefeuerung. Auch die CO2-Einsparung durch die Elektrifizierung ist bemerkenswert: Pro Ofen werden jährlich rund 100 Tonnen CO2 vermieden. Im Vergleich zu den aktuellen Gesamtemissionen des Standorts Ranshofen von ca. 92.000 Tonnen CO2 pro Jahr (Stand 2024) scheint diese Menge zwar gering, jedoch ermöglicht der Erkenntnisgewinn aus diesem Projekt langfristig eine CO2-Reduktion von bis zu 45.000 Tonnen pro Jahr. Dies entspricht 40 bis 50 Prozent der Scope-1-Emissionen des Standorts. Aus wirtschaftlicher Sicht stellt die Elektrifizierung in größerem Umfang noch eine Herausforderung dar. Derzeit ist die elektrische Energie, die für eine entsprechende Wärmebehandlung benötigt wird, wesentlich teurer als Erdgas. Diese Mehrkosten lassen sich aktuell nur bedingt an die Kunden weitergeben. Mittelfristig ist eine Umstellung auf erneuerbare Energieträger aber jedenfalls notwendig, um dem Bekenntnis der Europäischen Union und damit auch Österreichs zur Umsetzung der Pariser Klimaziele (d. h. Begrenzung der globalen Erderwärmung auf 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter) gerecht zu werden.

Parallel zur Elektrifizierung wird in einem weiteren Pilotprojekt der AMAG rolling GmbH auch die Umstellung auf eine Wasserstoffbefeuerung geprüft. Ein dritter Einzelkammerofen wird derzeit entsprechend umgerüstet. Die technische Herausforderung besteht in der Entwicklung geeigneter Brenner, die leistungsfähig und mit der bestehenden Infrastruktur kompatibel sind. Unter der Voraussetzung, dass die Versorgungssicherheit mit Wasserstoff mittelfristig gegeben sein wird und die Preise auf ein mit Erdgas vergleichbares Niveau sinken, könnte dieser Energieträger zukünftig eine wirtschaftliche Alternative darstellen. Aus Sicht der AMAG ist die schrittweise Evaluierung und Etablierung neuer Ofentechnologien ein wichtiger Schritt in Richtung Klimaneutralität. Durch die stufenweise Herangehensweise und gezielte Pilotprojekte wird eine fundierte Wissensbasis aufgebaut, ohne die laufende Produktion oder die Produktqualität negativ zu beeinflussen. Das generierte Wissen kann anschließend für größere Umrüstungen, etwa bei Blockstoßöfen oder Gießaggregaten, effektiv genutzt werden. Die Erfahrungen aus dem aktuellen Projekt fließen direkt in die Planung zukünftiger Maßnahmen ein.

Die Umrüstung der Einzelkammeröfen zeigt exemplarisch, wie die AMAG technologische Innovation, ökonomisches Denken und ökologische Verantwortung miteinander verbindet.

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