Verfügbarkeit von Aluminiumschrott in Europa
Aluminiumschrott ist ein wichtiger und kritischer Rohstoff für die europäische Aluminiumindustrie.
Die prinzipiell unendliche Wiederverwertbarkeit ohne Qualitätsverlust macht Aluminiumschrott zu einem Schlüsselmaterial, um die Verwirklichung und Ziele des Clean Industrial Deals und einer starken Kreislaufwirtschaft in der Europäischen Union zu erreichen. Die europäische Aluminiumindustrie setzt sich dafür ein, Aluminiumrecycling in allen europäischen Ländern zu fördern, den ökologischen Fußabdruck zu verringern und die vorher genannten politischen Initiativen nach besten Kräften zu unterstützen. Circa 40 Prozent des Aluminiumverbrauchs (5 Mio. Tonnen) in der Europäischen Union werden durch Recycling gedeckt. Die Aluminiumindustrie hat hunderte Millionen Euro in den Bau und Ausbau neuer Recyclinganlagen und in die Entwicklung neuester Technologien im Bereich Schmelzen und Schrottaufbereitung investiert. Während für die Branche bis 2040 ein Anstieg der Aluminium-Nachfrage um 30 Prozent prognostiziert wird, ist die europäische Primärmetallproduktion seit 2021 um 1,2 Mio. Tonnen gesunken Die Hauptgründe dafür waren steigende Strompreise und fehlende unterstützende Maßnahmen, zum Beispiel für wettbewerbsfähige Strompreise.Da die Nachfrage nach Aluminium weiterhin hoch und im Steigen begriffen ist, kann diese nicht durch Recycling gedeckt werden, sondern nur durch hohe Importmengen geschlossen werden. Diese zunehmende Abhängigkeit von nicht-EU-Lieferanten hat erhebliche Folgen für die Umwelt. Im Jahr 2023 hatte importiertes Primäraluminium einen um fast 60 Prozent höheren CO2-Fußabdruck als die europäische Produktion Die Situation wird noch weiter verschärft, da die jährlichen Schrottexportmengen aus der Europäischen Union in Drittstaaten sukzessive gestiegen sind. Im Jahr 2024 standen etwa 15 Prozent der verfügbaren Recyclingschmelzkapazitäten in Europa aufgrund mangelnder Verfügbarkeit von Aluminiumschrotten still.Diese reduzierte Verfügbarkeit von Schrotten führt zu einem schlechteren CO2-Fußabdruck der Produkte und einer unvermeidlichen Verteuerung, welche sich unmittelbar auf nachfolgende Produktpreise auswirkt und Europas Wettbewerbsfähigkeit zusätzlich reduziert.
Verfügbarkeit, Nachfrage und Export von Aluminiumschrotten
Die Lebensdauer eines Produkts in seiner Anwendung bestimmt grundsätzlich die Verfügbarkeit des jeweiligen Schrottes. Diese beträgt im Automobil- und Bausektor in etwa 15 bis 40 Jahre. Erst dann kommen diese als Schrott wieder zurück in den Kreislauf oder werden exportiert. Dies hat signifikante Auswirkungen auf die konkrete Schrottverfügbarkeit über den Zeitverlauf und muss in den Berechnungen entsprechend berücksichtigt werden. Ein wirkliches Problem stellen jedoch die hohen Exportmengen von Aluminiumschrotten und Gebrauchtwagen aus der Europäischen Union dar. Über die letzten Jahre betrachtet, wurden jährlich ca. 0,8 bis 1,2 Millionen Tonnen Aluminiumschrotte aus der Europäischen Union in Drittstaaten exportiert. Bei den gebrauchten Fahrzeugen sieht es nicht anders aus: Laut dem deutschen Umweltbundesamt wurden im Jahr 2022 etwa 2,4 Millionen Fahrzeuge aus Deutschland als Gebrauchtwagen exportiert, nur etwa 300.000 gebrauchte Fahrzeuge (End-of-Life) wurden der lokalen Verwertung zugeführt. Es lässt sich daher leicht ableiten, dass die aus der Altfahrzeugverwertung verbleibenden Schrottmengen sehr überschaubar sind. Stellt man die exportierten Mengen den derzeit nicht genutzten Recyclingkapazitäten gegenüber, lässt sich einfach feststellen, dass ein Großteil dieser Exportmengen in der Europäischen Union genutzt werden könnte und müsste.
Die europäische Aluminiumindustrie ist aufgrund des technischen und technologischen Fortschritts fähig, den überwiegenden Teil der Schrottexportmengen wirtschaftlich und unter Einhaltung höchster Umweltvorschriften wieder dem Produktkreislauf zuzuführen. Global gesehen ist es daher umwelttechnisch am zielführendsten, möglichst viele Schrotte in Europa selbst wieder zu verwerten.Ein wichtiger Faktor wird oft übersehen: Mit den Schrottexporten exportieren wir Energie aus Europa, welche wir dringend selbst benötigen, da Aluminiumrecycling nur 5 Prozent oder weniger Energie im Vergleich zur Primärherstellung erfordert. Mit Primärmetall wird also auch Energie teuer zugekauft, die zudem auch mit einem hohen CO2-Fußabdruck behaftet ist.
Wie aus Abbildung 1 ersichtlich ist, steigen die Exportmengen sukzessive, wobei hier Indien, Thailand und China die Hauptabnehmer sind. Die Halbjahresbilanz 2025 zeigt bereits wieder eine Exportmenge von mehr als 600.000 Tonnen. Seit dem zweiten Quartal 2025 wird für Aluminiumprodukte inkl. Primärmetall ein USA-Importzoll von 50 Prozent angewendet. Dies gilt bezeichnenderweise jedoch nicht für Aluminiumschrotte, da sich die USA damit einen günstigen Rohstoff- und Energieimport sichert. Durch diese massive Arbitrage werden die europäischen Schrotte sehr begehrt. Wertvolle Rohstoffe gehen verloren und wieder wird Energie exportiert. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2025 wurde mehr Schrotte in die USA exportiert, als im gesamten Jahr zuvor.
Hinzu kommt, dass asiatische Schrottkäufer, die bisher auf Schrott aus den USA angewiesen waren, ihre Aufmerksamkeit noch mehr auf Europa richten werden. Für die ab 01. Jänner 2026 gültige CBAM-Regelung (Carbon Border Adjustment Mechanism) ist das Halten der EU-Schrotte im EU-Kreislauf unerlässlich. Dies ist eine potentielle Maßnahme, damit die europäische Aluminiumindustrie nicht an Wettbewerbsfähigkeit verliert respektive ihren Beitrag zu einer Reduktion des CO2-Fußabdrucks leisten kann.
Natürlich gibt es noch weitere Potenziale für eine höhere Verfügbarkeit von Aluminiumschrotten, wie das Recycling von End-of-Life-Flugzeugen und auch die noch stärkere Vermeidung von Aluminium im Müll. Auch wenn bereits jetzt Metalle nach der Müllaufbereitung wieder zurückgewonnen werden, ist die Sammlung und Trennung vorab aus metallurgischer und kostentechnischer Sicht zu präferieren. Die Nachfrage nach Schrotten für das Aluminiumrecycling ist nach wie vor hoch und wird sukzessive steigen. Dies begründet sich durch den zunehmenden europäischen Aluminiumbedarf selbst, die ökologische Komponente in Form eines reduzierten CO2-Fußabdrucks, die politischen Forderungen des Clean Industrial Deals verbunden mit Mindest-Recycling-Quoten neuer recyclingfreundlicher Legierungen für die verschiedenen Anwendungssegmente und auch durch die erforderliche Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Aluminiumindustrie.
Freier Handel ja, aber sind die Bedingungen weltweit vergleichbar und fair ?
Die Europäische Union bekennt sich grundsätzlich zum freien Welthandel, aber die Bedingungen der Importländer sollten in etwa vergleichbar und fair sein. Der Environmental Performance Index zeigt jährlich das Ranking einzelner Staaten bzw. Nationen in Bezug auf verschiedene Umweltindikatoren wie zum Beispiel Abfallverwertung, Abfallmanagement, Luftqualität etc. Wie man aus Abbildung 2 ableiten kann, haben die europäischen Staaten bereits eine sehr gute Position entwickelt und dadurch ein sehr hohes Ranking erzielt. Hier wurden in den letzten Dekaden viele wirksame und nachhaltige Maßnahmen in Form von Investitionen, Bewusstseinsbildung, Regulierungen usw. europaweit umgesetzt. Dies bedeutet aber auch höhere Kosten. Bei den wichtigsten Importländern für EU-Schrotte sieht es hingegen deutlich anders aus, was unweigerlich zu ungleichen und unfairen Wettbewerbsbedingungen führt.
Was ist für eine nachhaltige wettbewerbsfähige Aluminiumindustrie in puncto Rohstoffversorgung notwendig?
Vor dem Hintergrund wachsender geopolitischer Spannungen steht die europäische Aluminiumindustrie vor zahlreichen Herausforderungen, die von der Sicherung strategischer Standorte bis hin zum verantwortungsvollen Umgang mit Schrott und Rohstoffen reichen. Neben der Sicherstellung der Versorgung und der Wertschöpfung im europäischen Raum rücken dabei insbesondere ökologische und soziale Faktoren in den Vordergrund.Die Effizienzsteigerung in der Aufbereitungstechnologie eröffnet der EU die Möglichkeit, ihre Recyclingquoten zu erhöhen und so die Abhängigkeit von Importen, z. B. Primärmetall aus Ländern mit niedrigen Umwelt- und Sozialstandards, zu verringern. Hierzu ist es notwendig, Innovationen zu fördern und den Wissens- und Technologietransfer innerhalb der EU zu intensivieren.Mit Blick auf die zukünftigen Anforderungen an eine emissionsarme Industrie, bleibt die Optimierung des Energieeinsatzes sowie der Export von nachhaltigen Rohstoffen ein zentrales Thema. Die zunehmende Nachfrage nach recyceltem Aluminium – insbesondere vor dem Hintergrund neuer Produktentwicklungen und strengerer Recyclingquoten – unterstreicht die Bedeutung einer geschlossenen europäischen Kreislaufwirtschaft.Gleichzeitig ist zu beobachten, dass immer mehr Empfängerländer von europäischen Aluminiumschrotten für eigene Schrotte Exportrestriktionen haben, was zu einer Neuausrichtung der Exportstrategie zwingt. Um die Wettbewerbsfähigkeit und Umweltverträglichkeit der europäischen Aluminiumindustrie langfristig zu sichern, empfiehlt es sich, auf eine stärkere Integration der gesamten Wertschöpfungskette zu setzen und politische Anreize für nachhaltige Produktions- und Recyclingprozesse zu schaffen. Trotz hoher politischer Zielsetzungen wie dem EU Clean Industrial Deal und der Kreislaufwirtschaftsstrategie gibt es bislang (noch) keine wirksamen Maßnahmen dazu.
Fazit
Für die Umsetzung des Clean Industrial Deals und einer starken europäischen Kreislaufwirtschaft ist eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Aluminiumindustrie eine wesentliche Voraussetzung. Dafür ist die Absicherung einer hohen Schrottverfügbarkeit zu wettbewerbsfähigen Preisen erforderlich. Die Aluminiumindustrie erwartet hier von den politischen Entscheidungsträgern schnellstmöglich Handlungen zu setzen, um den Abfluss kritischer Rohstoffe und damit verbunden auch Energie zu verhindern, unfaire Marktbedingungen für Exporte in andere Regionen zu beseitigen und entsprechende Maßnahmen, wie im „Steel and Metals Action Plan“ vorgesehen, umzusetzen.Solche Maßnahmen werden der sich kontinuierlich verschlechternden Situation entgegenwirken und dazu beitragen, gleiche Wettbewerbsbedingungen für europäische Aluminiumrecycler zu schaffen, die im globalen Wettbewerb stehen. Die Marktkräfte werden entscheiden, welche Rohstoffe Europa (EU/EFTA) verlassen oder nicht. Dabei geht es hauptsächlich um die Korrektur ungleicher Wettbewerbsbedingungen.Die Wiederherstellung des Gleichgewichts auf dem Aluminiumschrottmarkt wird den Zugang zu heimischem Schrott verbessern und zum Aufbau einer stärkeren, umweltfreundlicheren und autarkeren industriellen Basis beitragen und das über die gesamte Prozesskette. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Weiterentwicklung innovativer Schrottaufbereitungs- und Schmelztechnologien und die Abschaffung von länderübergreifenden bürokratischen Hürden für eine effiziente europäische Supply Chain.Nur durch einen ganzheitlichen Ansatz, der geopolitische, ökologische und technologische Aspekte gleichermaßen berücksichtigt, kann die EU ihre Rolle als Vorreiter für eine verantwortungsvolle und zukunftsfähige Aluminiumwirtschaft festigen.
Quellen:
[1] European Aluminium EA (2024): - Link: share_link and estimation of EA for 2024 - EA survey 2024 - EA Environmental-Profile-Report_2024-V20.pdf, - IAI continues-with-total-emissions-below-2020-peak/[2] S&P Global Commodity insights, IAI (2024): Infographic: Europe's shrinking aluminum sector prepares for CBAM transition challenge[3] EU (2025): Commission introduces surveillance of imports and exports of metal scrap - European Commission Eurostat (2025)[4] Umweltbundesamt Deutschland (2024/03): www.umweltbundesamt.de
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